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Taunus-Zeitung vom 09.06.2012:

Glasklare Stimmen und präzise Tempi

Kölner Kantorei überrascht und begeistert mit einem gelungen Mix geistlicher Musik

Schütz und Purcell oder doch lieber Werke zeitgenössischer Komponisten? Gut, dass die Konzertbesucher sich nicht für eine Musikepoche entscheiden mussten.

Von Frank Saltenberger

Mit der Kölner Kantorei gastierte ein deutscher Spitzenchor in der Hasselbacher Barockkirche und gefiel mit zeitgenössischer Chorliteratur aus ganz Europa.

Hasselbach. Es war schon ein bisschen so, als ob die Spielgemeinschaft Weilrod/Weilnau Eintracht Frankfurt zu einem Freundschaftsspiel einladen würde, als am Fronleichnamstag auf Einladung des Männergesangvereins Eintracht Hasselbach die Kölner Kantorei zum Konzert kam. Beide Chöre sangen aber nicht gegeneinander, sondern miteinander beziehungsweise nacheinander.

Die Hasselbacher Vereinssänger haben hierzulande einen guten Ruf, und die Stimmen der rund 35 Männer können sich hören lassen. Deshalb traten sie auch als "Vorgruppe" auf, stimmten die Konzertbesucher in der voll besetzten barocken Landkirche auf das Hauptkonzert ein. Zwei Gospel-Stücke und ein Kyrie gaben sie zum Besten, und als Sahnehäubchen zum Schluss das vertonte Abendlied nach dem Gedicht von Matthias Claudius, "Der Mond ist aufgegangen". Es gibt unzählige Vertonungen der Strophen, aber die Eintracht sang eine Bearbeitung von Volker Hempfling, dem Leiter der Kölner Kantorei. Besser konnte die Überleitung nicht sein. Und dann füllten die 21 Männer und 20 Frauen der Kölner Kantorei den Chor der Margarethen-Kirche.

"Cantate et Laudate Dominum", "Singet und lobet den Herrn" – so lautete der Konzert-Titel. Dahinter verbarg sich natürlich ein Programm mit geistlicher Musik. Wer bekannte Werke der Chorliteratur aus vergangenen Jahrhunderten erwartet hatte, der wurde dementsprechend auch nicht enttäuscht. Gleich mit dem ältesten Komponisten des Programms, Heinrich Schütz und "Das Wort ward Fleisch" aus der Geistlichen Chormusik aus dem Jahr 1648, wurden die Erwartungen erfüllt. Mit der melodisch lebhaften Komposition brachten die Sängerinnen und Sänger die Freude über das an Fronleichnam gefeierte Ereignis sehr ansprechend und passend zum Feiertag zum Ausdruck.

Die schönen Einzelstimmen traten immer wieder hervor, bei diesem wie bei den weiteren Vorträgen der beiden anderen "alten Meister", Henry Purcell und Felix Mendelssohn Bartholdy. Der Chor stellte die beiden Vertonungen des Psalmverses zur Passionszeit, "Herr, gedenke nicht unserer Übeltaten" beziehungsweise "Remember not, Lord, our offences", gegenüber. Es war für den Zuhörer sicher schwer, einer der beiden den Vorzug zu geben. Schwer wäre es auch gewesen, hätte man sich zwischen den alten und jungen Werken entscheiden müssen, denn gegenüber den genannten Komponisten dominierte die zeitgenössische Chorliteratur das Programm.

Diese Dominanz allein machte das Konzert zu einem spannenden Ereignis, zeigte es doch, dass A-cappella-Musik neben Instrumentalwerken seinen Stellenwert nicht nur hält, sondern noch ausbaut, und dies sogar mit zeitgenössischer geistlicher Musik. Dazu ist die Kölner Kantorei mit ihrem Fundus aus ausgebildeten und qualifizierten Laienstimmen ein ausgezeichnetes Medium, was sie übrigens auch beim laufenden Frankfurter Chorfestival unter Beweis stellt. Beeindruckend war die Klarheit der Stimmen und die Präzision beim Tempo, so dass die Stimmen einmal messerscharf verstummten, wie beim "Angelis suis Deus" von Vytautas Miškinis, dass selbst der Nachhall in der Kirche abrupt verhallte oder das dahinsiechende Amen beim "Gloria Patri" von Vic Nees.

Neben den genannten zeitgenössischen Komponisten aus Litauen und Holland trug die Kölner Kantorei Werke des Iren Colin Mawby, des Norwegers Ola Gjeilo, des Litauers Giedrius Svilainis und der Deutschen Simon Wawer und Wolfram Buchenberg vor. Ganz ohne Instrument ging es beim A-capella-Konzert aber doch nicht zu. Neben den Schlaginstrumenten bei einigen modernen Stücken spielte Dominik Schamböck zwischen den Programmblöcken zwei Orgel-Intermezzi.

 

© 2012 Frankfurter Neue Presse

 
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