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Taunus-Zeitung vom 10.04.2004:
Eintracht-Theater erzählt vom Greisenglück
Wenn Whiskey die Wärmflasche heizt
Von Monika Schwarz-Cromm
Hasselbach. Drei mal ertönte der Tusch. Dann ging endlich der
Vorhang auf und Eintracht-Vorstandsmitglied Klaus Sommer gab die Bühne
frei. Und schon glaubten die Zuschauer, ihren Augen nicht zu trauen. Präsentierte
sich doch ein um viele Jahre gealterter Paul Messinger als Opa Müllerschön
in seinem trauten Zimmer mit Balkon im Altenheim Greisenglück.
Mitbewohner Ingo Messinger raste als seniler Paul Schnitzer durchs Bühnenbild
und nutzte jede Gelegenheit, um mit dem Putzwagen der türkischen Putzfrau
Fatima (Gabi Jeck) auf Einkaufstour zu gehen.
Und dann war da noch das alternde Fräulein Irma Bücheler (Manuela
Messinger), das wegen des ausgeschalteten Hörgeräts einfach alles in die
falsche Kehle bekam. "Ich habe Null Bock", gestand ihr Opa Müllerschön
ein. "Was, Ihnen gefällt mein Rock?" Die resolute Oberschwester
Rabiata (Jutta Bördner) hatte es wahrlich nicht leicht, bei derart
verwirrten Heimbewohnern für Ordnung zu sorgen. Doch dabei half ihr dann
ein Schmalspurfrühstück mit Brötchen "zum Kugelstoßen", zwei
Wochen Reduktionskost, Stubenarrest oder auch eine fixierte Bettruhe.
Viel Staub wirbelte da auf unter den "zahnlosen
Gesellschaftslasten", für die ausschließlich die "geringgefügig
Beschäftigte" Fatima zuständig war. Wie schön, dass der krankhaft
geizige Sohn Hermann (Jörg Hill) und dessen Gattin Berta (Gaby Becher) für
"Schönes Opa Müller" stets die Wurstenden mitbrachten, die der
Hund nicht mehr essen wollte.
Noch mehr Leben kam in die Seniorenbude, als Enkelin Karin (Susi Schott)
ihren Rocker Alex (Bernd Hafeneger) vorstellte, der sich als wahrhaftes
Ungeheuer für die quirlige Fatima entpuppte. Schließlich hielt sie ihn
unter der Dusche für "Schönes Opa Müller", der anscheinend
ganz plötzlich einen schlimmen Ausschlag voller Drachen auf der Haut
bekommen hatte. Doch Opa Müllerschön hatte noch einen Sohn, den Angeber
und Möchtegern-Macho Josef (Thomas Weber), der auch plötzlich im
Altenheim auftauchte. Warum? Na klar, alle wollten sie Opas Erbe und sein
Geld. Nur nicht Enkelin Karin und Rocker Alex, die dem Opa halfen, den
Neidern mit List und Tücke das Handwerk zu legen. Da wunderte es schließlich
auch nicht mehr, dass Opa Schnitzer sich als keineswegs verwirrt
entpuppte, sondern seine rollenden Attacken ganz bewusst einsetzte.
"Geiler Alter, voll scharf", attestierte Rocker Alex dem älteren
Semester.
Wer hat auch sonst die Bierflaschen im Klo-Stuhl und den Whisky in der Wärmflasche?
Als dann noch Rosis rollende Fußpflege (Tina Messinger) aufmarschierte,
war schnell klar, worauf die Alten aus waren – ein guter Schluck, eine
dicke Zigarre und die zarten Hände von Rosi im Nacken. So ließ es sich
leben. Und das empfanden auch die Zuschauer so. Denn laut und herzhaft zu
lachen, fiel ihnen bei dieser Vorführung nicht schwer. Glücklicherweise
ahnten sie nicht, dass bei der ersten Vorführung das Bett auf der Bühne
beinahe eingekracht wäre. "Wenn es wieder Bernd Hafenegger getroffen
hätte", lachte Jutta Bördner noch in Erinnerung an das vergangene
Jahr, als er sein Ziegenbärtchen mitten im Spiel verlor. Doch schnell
konnte die Requisite repariert werden, ohne dass Akteure und Zuschauer
einen Lachkrampf bekommen hätten.
Viel Zwischenapplaus bestätigte die Laienspielgruppe und das Lampenfieber
senkte sich wieder. Ein Highlight sparte sich die Theater-Crew aber bis
zum Abschluss auf. Singend ließen sie gemeinsam die "Alten"
hochleben. Denn mit 66 Jahren fängt das Leben erst an.
© 2004 Frankfurter Neue Presse
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