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Taunus-Zeitung vom 24.02.2004:

Grölende Punks und Zauberer

Von Mo Sauer

Hasselbach. Punks, acht Stück an der Zahl, belagerten den Eingang zur Hasselbacher Krone. Ketten zierten alle erdenklichen Körperteile, Nietenhalsbänder, Sicherheitsnadeln, Netzstrumpfhosen, Tattoos. Und natürlich dicke fette schwarze Stiefel. Da mochte sich manch einer fragen, ob er auf der richtigen Veranstaltung gelandet war. Erwarteten die Gäste doch, den Rittersaal zum mittelalterlichen Kostümball des Gesangvereins Eintracht zu betreten. Doch wer genau hinsah, stellte fest: Die Anti-Nazi-Aufnäher, die fehlten auf den Nietenwesten der Punks. Denn sie waren, wie all die anderen Narren auch "nur" aufwendig verkleidete Gäste.

Begleitet vom heiter-rotnäsigen Schneemänner-Komitee des Gesangvereins präsentierten sich die Maskierten dem fröhlich klatschenden Publikum mit ein paar Runden um die Tanzfläche. Da waren fünf Götter, herabgestiegen vom Olymp: Zeus, Bacchus, Diana, Demeter und Artemis. Dort feierte ein Trupp Kung-Fu-Fighter, eine ganze Horde Ritter, Wimpel in der einen Hand, Burgfräulein an der anderen, zog durch den Saal, das Visier am Papphelm heruntergeklappt. Doch auch Einzelne hatten sich etwas ganz besonderes ausgedacht. Da war die Katze, behängt mit weißen Mäusen, auf dem Rücken ein Schild: "Ich lass" die Mäuse tanzen und futtere mir lieber mit Fertigfutter den Ranzen voll – Miau!" Der einstige Held "Tor!-Tor!-Tor!-Rahn" trippelte einen Fußball vor sich her.

Doch vor allen anderen stach ein Zauberer hervor, ganz in schwarz, mit weißem, strähnigem Langhaar, den Spitzhut tief ins zerfurchte, narbige Gesicht gezogen, aus dem ein blaues und ein grünes Auge misstrauisch in zwei Richtungen gleichzeitig schielten. Viele rätselten, doch keiner kam drauf, wer unter der Maske stecken könnte. Bereits das vermutliche Vorbild der Maske – Professor Moody im vierten Harry Potter Band – war ja nicht der, der er schien. Als eine der letzten Gruppen zogen die Hexen ein. Vergangenes Jahr hatten sie den Preis für das beste Gruppenkostüm gewonnen. Auch dieses Jahr beeindruckten die langen, warzigen Nasen, wilden Haare und stieren Augen der zauberkundigen Besenreiterinnen. Im Harz hatte der Gesangverein auf dem Blocksberg die Hexentradition bei einem Jahresausflug kennen gelernt und mitsamt Lied und Tanz ins heimische Hasselbach geholt. So tanzten sie auch dieses Jahr wieder um das Feuer des Teufels (ein roter Sack Grillkohle beflügelte die Fantasie der Zuschauer).

Zwischen den Einzügen der Masken spielte die Band Adrenalin zum Tanz auf. Schnell füllte sich die Tanzfläche mit den jungen Männern vom Schneemann-Komitee, die sich hier ein Burgfräulein, dort einen Clown zur Partnerin erkoren. Zwei Indianerinnen drehten sich flott im Disco-Fox, eine Punkerin führte den Teufel geschickt durch die tanzenden Paare. Als gegen elf dann endlich die Sektbar geöffnet wurde und sich ein guter Teil der rund 170 Gäste in den Nebenraum verteilte, setzte sich das Komitee zusammen, um die Kostümprämierung zu diskutieren. Trotz der 75 fantasievoll selbst gebastelten Masken, konnte man sich einigen. Im Einzelwettbewerb gewann der mysteriöse Zauberer, der sich bei der folgenden Demaskierung endlich zu erkennen gab: Bernd Hafeneger war's. Sieger beim Gruppenpreis wurden die Punker. Ganz wie ihre rüpeligen Vorbilder grölten sie laut, als "Euer Merkwürden" Werner Jeck, Vorsitzender des Vereins, die Entscheidung bekannt gab.

© 2004 Frankfurter Neue Presse

 
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